„Das Gefährliche an Halbwahrheiten ist, dass immer die falsche Hälfte geglaubt wird.“ (Hans Krailsheimer, 1888 – 1958)
“Haben Sie wirklich eine Kamasutra-To-Do-Liste?” fragt die Schuldirektorin. “Klar”, will ich sagen, “Sie etwa nicht?” – murmle dann aber artig was von “Kunstfigur” und “dichterischen Freiheiten”. Mist. Wo hatte ich denn das geschrieben? Ach ja, im Blog. Vor über einem Jahr. Aber das Internet vergisst bekanntlich nicht. Langsam wird’s eng.
Das mit der Authentizität ist nämlich uresuper, wenn man keinen Leser kennt. Sobald man jedoch merkt, wer da aller liest… “Von mir kriegst du keine persönlichen Stories mehr”, schnaubt L. “Ach komm schon”, sag ich, “Ich verfremde das total. Ich nenn dich L. Niemand kann das zuordnen.” – “Doch”, sagt sie, “Mein Freund hätte die Der-küsst-schlecht-Story total erkannt!” – “Sicher nicht”, sag ich, “Männer lesen keine Herzschmerz-Geschichten in der Wienerin.”
“Wie ich unlängst in deiner Kolumne gelesen habe…”, sagt mein (durch und durch männlicher) Chef. Touché.
Na gut, denke ich befriedigt, ein heiliges Inserl an Privatsphäre bleibt: Meine Mutter kauft keine Magazine. Solange sie also nicht merkt, dass alles online… “Dein Herr Turnschuh, das ist doch der Chr…”- “Pscht!!!”, deute ich ihr panisch, “Das kann ja jeder lesen, was du hier sagst!” – Und dann murmle ich wieder was von Kunstfigur und dichterischen Freiheiten und, ach ja, Medienkompetenz.
“In ihrem Mietvertrag steht übrigens: Keine Haustiere!”, mahnt die Vermieterin, “Aber ihr Hamster ist wohl nur erfunden.” – “Frechheit!”, sag ich, “Natürlich ist der echt.”
[Herzfrequenz-Kolumne für die WIENERIN 282/ März 2013]