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Weil Filmförderungsstellen ihr Projekt abgeleht haben, vertraut monochrom auf die Weisheit (und Scheckbücher) der Vielen: “Sierra Zulu” soll als erster österreichischer Spielfilm via Crowdfunding finanziert werden. [kurier.at, 3.7.2012]

Mitten im schönen Niederösterreich, unweit von Stockerau, liegt der Kleinstaat Sowjet-Unterzögersdorf, die letzte Enklave der Sowjetunion, gegründet von ehemaligen Besatzungssoldaten, die es 1955 einfach nicht mehr bis nach Hause geschafft haben. Gänzlich abgeschieden vom kapitalistischen Westen, ohne Kontakt zur österreichischen Bevölkerung, halten hier ein paar Handvoll aufrechter Sowjets den Staatskommunismus am Leben. Mag dieser im Mutterland längst zerfallen sein, Sowjet-Unterzögersdorf bleibt linientreu!

Im Niemandsland zwischen Europa und der 1500-Seelen-Gemeinde leistet indess eine UN-Friedenstruppe gemütlichen Grenzdienst. Bis es eines Tages zu einer Explosion kommt, die weit mehr erschüttert als das Stockerauer Umland: Noch ehe man „Börsenkurse“ oder „Intellectual Property Rights“ sagen kann, findet sich das Blauhelm-Team in eine bizarre Verschwörung aus Industriespionage und politischer Intrige verwickelt, die die Zukunft der Informationsgesellschaft nachhaltig verändern könnte…

Darling, ich bin im Kino

Neugierig geworden? Wir befinden uns natürlich im Kino, balancieren die große Portion Popcorn auf den Knien und über die Leinwand flimmert „Sierra Zulu“, der erste Feature-Film des österreichischen Künstlerkollektivs monochrom. Die Cast und Crew geben sich – für eine heimische Produktion – überraschend international. Robert Picardo (der Doktor aus Star Trek Voyager) ist dabei, ebenso Amber Benson („Buffy“) und die Stimme von Apple Co-Gründer Steve „The Woz“ Wozniak. Dazu liefern Alfons Haider und Georg Friedrich den Österreichischen-Touch. Im Produktionsteam findet sich der Komponist der Wes Anderson Filme und ein Special Effects Designer der George-Lucas-Firma Industrial Lights & Magic. Devise: Klotzen statt kleckern!

Unweigerlich fragt man sich, was diese Hollywood-Kapazunder eigentlich mit dem zutiefst österreichischen Stoff anfangen können. „Ich bin ein guter Verkäufer“, lacht Regisseur Johannes Grenzfurthner beim Interview, „Wer einmal mit mir an einem Tisch sitzt, sagt nicht mehr nein!“ Ausserdem: „Die Themen sind sehr universell. Ein korrupter Provinzpolitiker ist auch in den USA ein korrupter Provinzpolitiker. Ob er nun Cowboyhut trägt oder zum Sau-Schnapsen geht, ist Nebensache.“

Think globally, act locally

Mag der der Plot auch nach überdrehtem Schildbürgerstreich klingen, für monochrom ist das Anliegen ein ernstes. Die großen Dramen des 21. Jahrhundersts, so Grenzfurthner, würden vom Mainstream Entertainment nicht thematisiert. Sie wäre zu abstrakt, nicht greifbar. „Es werden immer noch Filme über Banküberfälle gedreht, obwohl ein Banküberfall ein anachronistisches Verbrechen ist. Verbrechen spielen sich heute unsichtbar ab. Digital und an der Wall Street. Aber sie sind zu spröde, zu wenig sinnlich fürs Kino.“

Das Ziel heisst deshalb: Globale Themen wie Patentrechte, internationale Diplomatie, neue Kapitalströme etc. auf eine zutiefst lokale Ebene herunterzubrechen und als Groteske zu verpacken. „Am Ende soll es jeder zwischen 15 und 70 verstehen können.“

Grenzfurthner: „Es betrifft ja auch alle. Wir befinden uns in einem Kulturkampf, der – je nachdem wie er ausgeht – die nächsten hundert Jahre prägen wird. Dass ein paar Nerds über das Urheberrecht twittern, ist da nicht genug. Die Themen müssen leicht konsumierbar werden.“ Also kein Schildbürgerstreich, sondern ein Politfilm? „Eine schwarze Komödie. Aber natürlich ist es politisch. Es geht um die Unmöglichkeit, internationale Politik zu machen, ohne an Konzernfestungen aufzulaufen, es geht darum, wie das Zusammenspiel zwischen Nationalstaaten und Konzernen funktioniert.“

Am Rande von Welt und Zeitgeschichte

Und warum das Sowjet-Setting? Grenzfurthner: „Ich habe diese komische Nostalgie der Linken dem Staatskommunismus gegenüber nie verstanden. Das wollte ich gern aufgreifen. Was die Sowjetunion als Staatsutopie verkauft hat, hat ja nie funktionieren können – wenn eine Utopie diktiert wird, ist sie keine Utopie mehr. Dass die Sowjets in unserem Film die positiven Helden werden, geht nur deshalb, weil sie aus einer Position der völligen Nutzlosigkeit heraus agieren. Wir spielen mit der Idee, dass etwas einst großes, bedrohliches wie die Sowjetunion runterschrumpft auf ein Nichts, auf so eine Republik Kugelmugel. Der Film erzählt von Leuten, die am Rande dessen vegetieren, was wir Welt, was wir Geschichte nennen. Und aus dieser Underdog-Situation heraus bekommen sie ihren Moment des Ruhms.“

Oder auch nicht. Denn trotz internationaler Koproduktion und regem Interesse in der Branche ist die erhoffte Förderung von ÖFI und Film Fond Wien gerade ausgefallen. „Sierra Zulu“ steht mit Drehbuch, Cast und fertigem Prequel, aber ohne Budget da. Grenzfurthner: „Als wir die Absage auf Facebook gepostet haben, hat sich wirklich viel bewegt. Die Leute haben geschrieben: Scheisse, es besteht die Möglichkeit, dass all das nicht passieren wird. Da müssen wir helfen!“

Breite Fanbase

Die Idee, das Projekt auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter einzureichen, lag da praktisch auf der Hand. Kickstarter fördert per se nur amerikanische Projekte, aber durch die Koproduktions-Hintertür erhält mit „Sierra Zulu“ erstmals ein österreichisches Filmprojekt eine Chance. Finanziert soll vorerst das Set werden. Die Spendenaktion läuft ab heute (3. Juli), dafür gibt`s Incentives im monochrom-Stil (Grenzfurthner: „Für die Höchstsumme trinke ich einen halben Liter meines Blutes.“) und um 19 Uhr eine Kickstarter-Launch-Party am Schwarzenbergplatz.

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