Countdown-Woche 11: Salam aleikum! Mag schon sein, dass das Gute so nah liegt – aber in die Ferne schweifen ist auch nicht übel. Nicole ist mit Kind nach Ägypten abgerauscht und schickt laufferne Wüstengrüße. [erscheint auch auf typischich.at]
Ägypten erlebte diese Tage die letzte Runde einer ersten freien Parlamentswahl – und das Ergebnis wird die Region vermutlich instabiler hinterlassen als im arabischen Frühling erhofft… Aber was die Regionsreportage anbelangt, ist das Land um den Tahrir Square ohnedies fest in der kompetenten Hand von Karim El-Gawhary (und der Square selber – nicht zu vergessen – in der Hand seiner 70jährigen Tante!) Meinen Senf braucht’s dort nicht.
Getrost schick ich also jedwede heldenhafte Hemmingway-Attitüde in die Wüste. Und mich ebenso. Motto: Urlaub statt Geschichtsschreibung.
Bin eh naturfeig. Sitz gemütlich mit Töchterchen in Hurghada, Touristen-Hochburg am Roten Meer, wo das Außenministerium bestenfalls Lachkrämpfe kriegt, wenn man wegen Reisewarnung nachfragt…
Aber die kennen Töchterchen nicht! Die ist ein Sicherheitsrisiko auf zwei Beinen… („Wofür ist der rote Knopf da, Mami? Ich versuch’s mal…“)
Ägypten also… Oh Nubis! Die Rückkehr der Ohrwürmer… „Schni schna schnappi lebt direkt am Nil“ intoniert Töchterchen. Und ich kontere: “In Ägypten, in Ägypten / lebten streng sie nach Gelübten!”
Mit diesen schönen Worten beginnt nämlich ein Gedicht des Kabarettisten Leo Lukas. Nach dem Opener kommt ein langer Teil, den ich immer vergess’ – wurscht wie oft ich danach google. Aber das Ende weiß ich wieder. Da heißt es:
“Nur der deutsche Urlaubsgast,
dem bekanntlich nie was passt,
ging nach der Sphinx
nicht links,
sondern geradeaus weiter.
Seitdem vermisst ihn der Reiseleiter.”
Geht mir penetrant-ohrwurmös im Kopf herum seit ich das Flugzeug betreten hab. Hatte ja selber vor, “streng nach Gelübten” zu leben: Finger weg vom Nachspeisen-Buffet! Dafür nicht “Walk Like”, sondern gleich “Run Like An Egyptian”. Extra ein Hotel mit Miniclub gebucht, um kurz mal ausbüchsen und strandlaufen zu können, wenn mein Sicherheitsrisiko friedlich clubbt.
Aber jetzt, wo ich mal da bin… hmmm… also… ich trau mich nicht so recht…
Das tut hier nämlich keiner! Oder genauer gesagt: Keine.
Ich dachte ja, ich lauf allmorgentlich die Strandpromenade entlang. Was an der Adria recht war, kann am roten Meer nur billig sein, dachte ich… Aber Strandpromenade ist nicht, hier gibt´s gehsteiglose Hauptverkehrsstraße.
Vor allem aber: Hier gibt’s echt keine Läuferinnen Niemand, der seine sekundären Geschlechtsmerkmale unter’m T-Shirt fröhlich die 5km-Runde entlang wippen lässt.
Eine muss mal anfangen? Naja, wie gesagt: naturfeig! Hielte ich außerdem doch eher für Kulturimperialismus, denn für Revolte. Man muss sich ja nicht unbedingt benehmen wie der „deutsche Urlaubsgast“. (Den hab ich hier übrigens noch gar nicht gesehen, Herr Lukas! Hier gibt’s nur Russen.)
„Inschallah“ sage ich resignativ zu meinen Nikes, als ich sie unbenutzt zurück in den Koffer werfe. Das Fortbewegungsmittel der Wahl ist für Töchterchen ohnedies nicht der Laufschuh, sondern das Kamel… Wer könnte ihr’s abschlagen? Morgen wüstenschiffen wir uns also ein. Wenn ich nicht runterfall, wird nächste Woche kompensatorisch für zwei gelaufen.
Nicht like an egyptian. Aber halt like an austrian mit tickendem Countdown im Gnack…
[Sent from my iPhone – Excuse the typos]