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Scheiss Internet

[Don’t blame it on the Boogie, blame it on the Weihnachtstress: Ich bin ECHT hinten nach damit, die Print-Geschichten online zu stellen. Daher auch erst jetzt die Wolo-Kolumne aus dem WIENER 364. ]

Hollywood hat die “Razzies”, Wien hat den “Wolo”, den Loser-Preis, den keiner will. Na dann hört halt einfach auf, Euch ständig dafür zu qualifizieren!

Den Wolo gibt’s inzwischen schon seit drei oder, wenn man das Gründungsjahr mitzählt, vier Jahren. Er ist gleich alt wie die deutschsprachige Version von Facebook. Gemessen daran, wieviele Start-Ups in diesem Zeitraum geboren, gehypt und begraben werden, macht ihn das in der Webszene zum Opa. Der Wolo – das ist der “Wolfgang Lorenz Gedenkpreis für internetfreie Minuten”. Benannt ist er – erraten! – nach ORF-Programmdirektor und Agent Provocateur Wolfgang Lorenz, der mit seinem “Scheiss Internet”-Sager (Graz, 2008) im Handumdrehen zum österreichischen Kulturerbe avancierte. Ja, so sind wir hierzulande.

Gestiftet wurde der Wolo vom Künstlerkollektiv monochrom. Er ist die “Goldene Himbeere” unter den Web-Awards und wird vergeben für – ja für was eigentlich?
Der Ehrlichkeit halber: Ich sitze seit zwei Jahren in der Jury und weiß es immer noch nicht genau. Denn im Gegensatz zu den etwa zeitgleich abgefeierten Big Brother Awards will der Wolo nicht (bzw. nicht nur) die Datenrüppel und -sünder abmahnen. Er ist thematisch breiter aufgestellt, das ist seine Stärke und Schwäche gleichermaßen. monochrom definiert ihn als “Lobesschwanengesang auf die kommunikationstechnologiefeindlichsten und kulturpessimistischsten Distinktionsgewinnler!” Schon mal gut, denn da passt jeder rein, der sich durch die digitale Kluft profilieren oder, schlimmer, von ihr profitieren will.
Dass diese nämlich existiert, stellt niemand in Abrede. Bloß braucht man sich an ihr ja nicht aufzugeilen. Gell, liebe Telekom Austria?

Auch dass dieses “Internet-Dings” nicht nur Friede-Freude-Eierkuchen ist, sondern kritischer Auseinandersetzung bedarf, ist klar. Der Wolo aber fragt nach der Art, WIE diese Auseinandersetzung geführt wird: Differenziert à la Peter Glaser oder anbiedernd plump, wie es etwa Wolo-Nominee Anitra Eggler in ihrem Buch “E-mail macht dumm, krank und arm” vorexerziert? Gastgeber Johannes Grenzfurthner bringt es auf den Punkt: “Natürlich ist das Internet ein Problem. Aber dass manche Leute völlig an dem Problem vorbei problematisieren, ist eben auch eines.”

Und genau deshalb wird er uns noch ein Zeiterl erhalten bleiben, der gute Wolo: Weil die Zahl der “Am Problem vorbei Problematisierer” zunimmt statt abnimmt: Der Papst besinnt sich auf kirchliche Kernkompetenzen und will dem Internet per Exorzismus den Teufel austreiben. Das Bundeskanzleramt launcht um kolportierte 180.000 Euro Steuergeld eine Website, die gegen die technische Richtlinien für Behördenwebsites verstößt. Wer diese Richtlinien erlassen hat? Sie selber. Hach, man käme gar nicht mehr aus dem Nominieren raus…

Heuer ging er übrigens an “Anonymous Austria” für ihre Umdefinition von Hacker-Ethik. Nächstes Jahr werden die Karten neu gemischt. Vorschläge per Elektropost an internetfreie.minuten@monochrom.at

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