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Sir Tim

Warnung des Objektivitätsministeriums: Diese Kolumne enthält Groupie-Content. Denken Sie an Kreischmädels bei Take That. Wenn Sie sowas nicht aushalten, blättern Sie weiter. [Kolumne für den WIENER 363]

Der englische Ausdruck “Serendipity” wurde vor nicht all zu langer Zeit in die Liste der zehn schwerst übersetzbaren Worte gewählt. Er hat ein bissl was mit glücklicher Fügung zu tun; damit, dass – wie die Oma zu sagen pflegte – der liebe Gott woanders ein Fenster aufmacht, wenn irgendwo eine Tür zugeht.

Mein Fenster ist in einer verregneten Oktoberwoche aufgegangen. In Form eines PDF-Files, das inmitten einer hoffnungslosen Türzu-Nacht in meine Inbox flatterte. Unter dem etwas spröden Titel “Internet und Demokratie in Europa” (schnarch) luden die Präsidentin des Nationalrates (schnarch) und der Generalssekretär der Industriellenvereinigung (doppel scharch) ins Parlament. Man hätte dort einen englischen Gentleman als Gast, den Informatiker und Physiker Sir Tim Berners-Lee.

Heiliger Doppel-Espresso! Auf einmal war ich wach.

Für uns Geeks ist Berners-Lee ja so etwas wie Weihnachten. Also nicht bloß die alljährliche Familienaufstellung mit Tanne, sondern das Original-Weihnachten zu Bethlehem. Er ist der Erfinder des WWW – nö, nicht des Internets, wie die Kollegen gerne schreiben, aber doch der wesentlichsten Inkarnation des selben. Ohne Berners-Lee könnten Sie vielleicht E-Mails schicken. Sonst könnten Sie nicht viel. Sie müssten unweigerlich “Die große Chance” gucken anstatt auf Mentos-Cola-Videos auszuweichen. So aber haben Sie Alternativen. Sie haben (meist) freie Medien- und Informationswahl als Teil jener Vision, die den langen Engländer 1989 am CERN-Server herumschrauben ließ. So einer ist er, der Sir Tim! Und wenn Ihnen der Name bislang nichts gesagt hat: Schnell Wikipedia befragen! (Das geht ja auch Dank ihm.)

Berners-Lee beginnt seine Vorträge gerne bescheiden: “Als ich das Web erfunden habe…” Kann man ihm nicht vorwerfen. Wer ist schon in der Lage, derartiges von sich zu behaupten? Wie das aber nun mal ist mit der Vaterschaft, so will man doch, dass was Anständiges wird aus dem Bankert. Sir Tim passt auf sein Web auf. Fuchsteufelswild wird er (im Rahmen seiner britischen Möglichkeiten), wenn wer der Freiheit und Neutralität des Sprosses an den Kragen will. Und er weiß, dass Daten nichts können, solange sie in schicken Websites einzementiert sind, aber alles, wenn man sie frei verknüpft. Genau deshalb war er in Wien, denn in Sachen Informationsfreiheitsgesetze und Open Data Richtlinien stellt Österreich das Schlusslicht im internationalen Ranking dar. Platz 89, weit hinter Uruguay. Als Staatsbürgerin ist mir das so peinlich, dass ich mich nicht getraut hab, ihm die Hand zu schütteln.

Aber als Groupie ist mir natürlich gar nichts peinlich! Gibt jetzt ein klassisches Fan-neben-Sir-Foto von uns. Kursiert auch irgendwo in “seinem” Web. Ich schau drein wie eine Ente auf Dope… Hach. Serendipity ist schön.

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