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Knete

Virtuelles Geld hat zu einem virtuellen „Black Friday“ geführt. Die virtuelle Börse steht Kopf, die virtuelle Inflation scheint unaufhaltbar. Wie schön, dass mir das wurscht ist. [Kolumne für den WIENER 359]

„Ignorance is bliss“ sagen die Engländer und bringen damit recht gut zum Ausdruck, wie ich mich fühle: Ich weiß, dass ich nichts weiß und ich genieße das ohne Ende. Ich kenn mich ja in Finanzdingen nicht aus. Ich spekuliere nicht an der Börse. Ok, ich mache meine Umsatzsteuererklärung selber, weil 20% ausrechnen krieg ich grad noch hin. Aber damit hat sich’s auch schon. Jede weitere Transaktion treibt mir Schweißperlen auf die Stirne. Da häng ich lieber im Internet ab, wo‘s bekanntlich anarchisch-wildwuchernde Gratiskultur gibt. (Das hab ich zumindest im Handelsblatt gelesen, wird dann wohl stimmen.)

Aber plötzlich ging die Währung online: Bitcoins. Ein virtuelles Zahlsystem, der neue heiße Scheiß, jeder tuschelt hinter vorgehaltener Hand, jeder muss sie haben, weil, he, wir Web-AktivistInnen haben bereits die Demokratie, die Musikindustrie und – via Anonymous – auch die (Selbst-)Justiz supergummigut verbessert. Jetzt ist der Finanzmarkt dran!

Ist ja auch wirklich sexy: Eine virtuelle Währung, die sich jeglicher Kontrolle durch nationale und internationale Instanzen entzieht. Aber nicht wie man das aus „Second Life“ kennt, wo virtuelle Linden Dollar gegen virtuelle Produkte getauscht werden, sondern weltweit akzeptiert beim Drogen- und Waffenhändler Ihres Vertrauens. Damit kann man richtig was anfangen.

Bitcoins (kurz: BTC) sind fälschungssicher, sie werden via Peer-to-Peer-Technologie verteilt, sie sind anonym wie Bargeld. Einmal erstanden, lassen sich ihre Bewegungen am Markt nicht zum Käufer zurückverfolgen. Außerdem: Seit zahlreiche Medien Bitcoins als das „gefährlichste Open Source Projekt aller Zeiten“ betitelt haben, als Bedrohung für Regierungen und Volkswirtschaften, war der Run auf die Binär-Gulden nicht mehr zu stoppen. Ein kleiner Goldrausch ließ im Mai 2011 den Kurs derart in die Höhe schnellen, dass sogar ich gedacht hab: Na? Vielleicht ein paar kaufen als Pensionsvorsorge?

Hab ich aber nicht. Viel zu faul für so was. Schweißperlen, wie gesagt.
Mein Kokain heißt Red Bull. Ich kauf’s im Sechser-Pack beim Zielpunkt. Da muss ich keine Gehirnzellen und keinen Festplattenplatz investieren.

Und dann vermeldete die Bitcoin-Börse Mt. Gox eine Sicherheitslücke; Passwörter und Usernamen von 60.000 BTC-Spekulanten wären unabsichtlich „geleakt“. Man kennt das ja von Sony. Aber im Geldbörsel will man’s noch weniger haben. Fazit: Die Auswirkungen auf den Kurs waren ähnlich desaströs wie Dauerregen für den Umsatz des Stadionbads.

In das geh ich jetzt übrigens. Mit meiner Red Bull Dose. Und lass mir jenen Körperteil bräunen, an dem mir all diese Dinge vorbeigehen. Ignorance is bliss.

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