Facebook, Twitter, Xing & LinkedIn: Die Dezentralisierung von Kommunikationsstrukturen bietet Chance und Risiko gleichermaßen. Immer mehr heimische Unternehmen wagen sich in die Untiefen des Social Web. (erschienen im Wirtschaftsblatt, Februar 2011)
Das österreichische Jet-Unternehmen GlobeAir hat 456 Fans auf Facebook und liefert seinen Freunden dort beinahe wöchentlich neue Beiträge, darunter eine Karte mit den aktuellen Flugrouten, Jobinserate und Fotos aus dem Inneren eines der sieben Cessna Citation Mustang-Jets. Zehn GlobeAir-Fans drücken beim Anblick des Sektfrühstücks den „Gefällt Mir“-Button. Pro Flug genießen vier Reisende das üppige Mahl und zahlen für den Flug bei Last Minute-Buchung 800 €. Zwar findet man Manager und VIPs, die Jets buchen, nur selten persönlich auf Facebook, ihre jeweiligen Assistenten, die am Ende die Buchungen vornehmen, aber schon. Dieser Zielgruppe liefert GlobeAir über Facebook und Twitter die notwendigen Informationen und Interaktionsmöglichkeiten. Bernhard Fragner, Gründer und Geschäftsführer des Flugtaxi-Unternehmens, erklärt: „Wenn dann im Unternehmen ein Jet benötigt wird, fällt einem immer zunächst der Anbieter ein, mit dem man den meisten Kontakt, die meisten Interaktionen hatte.“
Für Firmen bedeutet der Schritt ins Social Web zunächst eine Entlastung des Marketing Budgets. Markenpräsenz gibt es – zumindest scheint das auf den ersten Blick so – geschenkt: Sowohl die teuren Druckkosten als auch die Gebühren für Werbeminuten zur besten Sendezeit entfallen. Kosten zur Errichtung einer Facebook Fanpage und eines Twitter Accounts gibt es nicht. Die Reichweite der neuen Online-Plattformen ist gigantisch, wenn sie richtig gehandhabt werden. Genau hier offenbaren sich Fuß angeln, denn die Handhabung will erlernt und auch bezahlt werden. Ausgerutscht sind auf dem glitschig-viralen Parkett schon einige. Firmen wie Jako oder Jack Wolfskin, die alte Spielregeln im neuen Ökosystem durchzusetzen wollten, waren Monate mit Schadensbegrenzung beschäftigt.
Das Schlagwort vom Internet als „gesetzfreier Raum“ ist also denkbar irreführend. Gerade für Firmenauftritte gibt es im Netz eherne Gesetze. Sie lauten: Transparenz, schnelle Reaktion und Dialog auf Augenhöhe. Das kostet Zeit und Manpower, aber wer sie befolgt, hat gute Chancen, neue Zielgruppen zu erschließen und sich als vertrauenswürdiger Ansprechpartner zu positionieren.
„Man darf den Aufwand nicht unterschätzen“, gibt auch GlobeAir-Gründer Fragner zu bedenken: „Social Media ist Reallokation von Marketing in Richtung Human Ressources. Anders gesagt: Die Kosten für Social Media-Personal fallen in unserer Finanzplanung eindeutig ins Marketing-Budget.“
Für die Social Media-Betreuer selbst verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben meist. Um den Anschluss nicht zu verlieren, müsse man sich ohnedies 24/7 mit neuen Medien beschäftigen, lautet das Credo. „Ich lese täglich meinen RSS Reader“, berichtet Josef Schrefel, der bei Bene das Online-Marketing leitet, „Kommt mir da am Wochenende ein Artikel unter, der für Bene interessant ist, dann verwende ich ihn gleich – das rechne ich nicht als Arbeitszeit.“ Und Daniela Kubak, Online-Marketing-Leiterin von Schrack, berichtet: „Man lebt das 24 Stunden am Tag. Mir kommen auch im Bett Ideen für Schrack. Und wenn ich um halb zwölf Uhr nachts über ein passendes YouTube-Video stolpere, dann stell ich es auf unsere Facebook-Seite.“
Klassische Arbeitszeitmodelle sind für alle, die für den Markenauftritt bei Online-Medien professionell zuständig sind, ungeeignet, denn sie müssen „always on“ und tief in der Community verwurzelt sein.
Belohnt wird dieser Einsatz allerdings durch direktes Feedback und durch die Chance, mit neuen Tools kreative Lösungen zu ersinnen. Es geht beim Thema Social Web um Brand Awareness, stärkere Kundenbindung, besseren Kundendialog. Und wie einige Beispiele zeigen auch tatsächlich um die Akquisition von Neukunden. Wir präsentieren Ihnen hier einige unterschiedliche Wege, wie Firmen das Social Web als Kommunikationskanal erfolgreich nützen können. Klicken Sie sich durch.