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Es ist klein, sieht ein wenig zerrupft aus und zur Verständigung ist es nützlicher als ein Babelfisch. WIENER-Kolumnistin Nicole Kolisch macht dem Hashtag eine Liebeserklärung. [Erschienen im WIENER Ausgabe 340 / November 2010]

Kennen Sie den schon? „Es gibt genau 10 Arten von Menschen. Die, die das Binärsystem verstehen, und die, die es nicht verstehen.” Der Tag, an dem die ersteren darüber nachdenken, wie sie zweiteren ihr (Computer-)Leben erleichtern können, ist der World Usability Day. Am 12. November ist es wieder so weit. Idealer Anlass, finde ich, diese Kolumne einem kleinen, feinen Zeichen zu widmen, das die Usability für uns Twitteranten enorm erhöht: Dem Hashtag. Oh, da höre ich bereits die Community aufheulen: „Das weiß doch jede Sau!“. Irrtum, meine Herren und Damen Poweruser. Das weiß höchstens jede Geeksau. Menschen, die ab und zu Sex haben, wissen das nicht unbedingt.

Der Hashtag also. Das ist dieses Kraxl, das sich in so vielen Tweets findet, teils danach, teils auch mittendrin, und so aussieht: #. Der Name leitet sich vom Rautezeichen ab (engl. „hash“) und von der Datenverarbeitung-Kovention des „tagging“, also der Verschlagwortung von Informationen. Anders gesagt: Der verwendete „hash“ wird als „tag“ genutzt – et voilà! – der Hashtag ist geboren :-)

Wozu das gut sein soll? Zunächst einmal – für die praktisch-veranlagten – zur Katalogisierung von Inhalten. Wer bloggt, weiß um was es geht: Tags unter dem Blogpost ordnen Inhalte den entsprechenden Kategorien zu und helfen beim Auffinden von Themen – nicht nur dem Blogleser, sondern auch jeder Suchmaschine, die sich grad auf der Pirsch durchs Netz befindet. Schlagworte schaffen eine semantische Metaebene – das war schon zu Zeiten der ersten Zettelkataloge in Bibliotheken so. Online ist es auch nicht anders. Tippe ich mit knurrendem Magen den Suchbegriff „Essen“ ein, spuckt Google mir erst mal Links nach Nordrhein-Westfalen aus. Hat aber Vittorio Mangiaro seine Pizzaservice-Posts mit „essen“ getaggt, so ist die Chance groß, dass meine Suchanfrage die Holzofen-Quattro-Stagioni direkt vor meiner Nase platziert. Unbestritten: Wenn ich Google nicht erkläre, dass eine Pizza in die Kategorie „Essen“ fällt, ebenso wie Omas getaggtes Krautfleckerlrezept, dann weiß Google es auch nicht. Und was fürs Bloggen gilt, gilt auch fürs Microbloggen. In der Bonsaiausführung halt. (Im Übrigen ist es ein fieses Vorurteil, dass wir Twitteranten ständig übers Essen reden, gell?!)

Jede gängige Weblog-Software sieht für Tags eine eigene Eingabezeile vor. Die Pointe beim Hashtag ist, dass er die Verschlagwortung in die Sprachebene zieht – und damit eine eigene Ausdrucksform kreiert.

Die schönsten Dinge dieser Welt entstehen durch Kulturen des Gebrauchs. Auf Twitter jedoch hat der Hashtag ein Eigenleben entwickelt, das lange schon die Fesseln der bibliothekarischen Nützlichkeitsdoktrin gesprengt hat. Hashtags erzählen Geschichten in Kurzform. „Lugner auf ATV“ ist eine Information. „Lugner auf ATV #fail“ ist eine Geschichte. Eine emotionsgeladene obendrein. Sie lautet: „Langer Arbeitstag; Chef doof; wollte mich grad mit Käse Pringles vor den Fernseher knotzen, aber jetzt bringen die Mörtel statt ‘Heroes’. Der Abend ist gelaufen.“

Zugegeben, da war jetzt großer Interpretationsspielraum. Aber gerade der Interpretationsspielraum macht den Hashtag ungemein faszinierend: „Studiere das Paralleluniversum #sockenlade“ – „Sie müssen nur den Nippel durch die Lasche ziehen #usability“ – „Bin ein Mensch / Paladin, Level 80 #morgendeadlinefürkolumne“

Darüber hinaus manifestiert sich im Hashtag die Schmähkultur des Kaffehauses Twitter. Metaebene gleich Schmähtaebene: Das hat (nicht nur) die Wiener Twitteria längst erkannt. Tagger ordnen den Dingen schlicht Kategorien zu, in denen man sie auf den ersten Blick nicht vermuten würde. Kann jeder. Probieren Sie es aus.

Ach ja, und eh ich’s vergess: Happy Celebrating! #worldusabilityday

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